"Versorgungssicherheit bleibt oberstes Gebot"
Gerissene Lieferketten, Produktionsstopp, Stillstand: Die Corona-Pandemie hat vor Augen geführt, wie fragil globale Lieferketten sind. Aber was tun, wenn Lieferketten reißen? Und wie lassen sie sich wieder stabilisieren und künftig robust und weniger störanfällig gestalten? Antworten liefert Sebastian Mank, Autor des eBooks Die Lieferkette schließen, in dem folgenden Gespräch.
Wie geht es im Supply Cain Management aufgrund der Erfahrungen, die man mit der Corona-Pandemie gemacht hat, weiter: global, lokal oder glokal?
Sebastian Mank: Ich denke, dass es keine allgemeingültigen Lösungen über alle Branchen hinweg gibt. Man muss jedes Unternehmen und seine Situation individuell betrachten. Es macht auf jeden Fall Sinn, dass Maschinenbauer und Automobilhersteller ihre globale Sourcing-Strategie mit Blick auf Ausweichmöglichkeiten und Alternativen hinterfragen. Und auf der anderen Seite regionalere Strategieoptionen bewerten .
Dabei gilt es, sehr gut abzuwägen. Es gibt einige Länder, deren niedrigeren Lohnkosten ein wichtiger Faktor sind, weshalb man beispielsweise in den asiatischen Raum gegangen ist. Diese wirtschaftlichen Prämissen sollte man immer im Auge behalten, wenn man eine Abwägung macht zwischen der Option „lokal und etwas teurer“ und der Option „global und etwas günstiger“ – die aber eben lange, unsichere Lieferketten mit sich bringt. In diesem Zusammenhang spielt sicher auch eine Mehrfachsourcing-Strategie eine wichtige Rolle.
Der Untertitel Ihres Buches lautet Erfolg durch „Supply Chain Recovery Management“. Zentrales Element Ihres Konzepts ist Transparenz. Warum?
Sebastian Mank: Wenn ein Kunde Waren von 200 Lieferanten bezieht, lässt sich dies manuell nicht mehr in den Griff bekommen. In Zusammenarbeit mit der Telekom haben wir deshalb ein Track and Trace-System entwickelt. Hinzu kommen aber auch noch einige Analyse-Tools, die zeigen, wo die Lieferanten sitzen und vor welchen Herausforderungen sie global stehen. Eine zentrale Frage ist beispielsweise die nach den politischen Rahmenbedingungen, die das Agieren stark begrenzen können. Ein Lieferant in den USA oder in China ist anders zu behandeln als einer mit Sitz in Großbritannien oder in Deutschland.
Fakt ist: Aufgrund des globalen, länderübergreifenden Stillstands, verursacht durch die Corona-Pandemie, sind die Lieferketten in unterschiedlicher Form beeinträchtigt. Aufgrund der frühen Auswirkungen in China hatten die Maschinenbauer, die dort Lieferanten oder vorgelagerte Lieferanten haben, Vieles zunächst einmal gestoppt. Der Grund: Man hat die Lieferkette nur bis zum Tier 2- oder Tier 3-Lieferanten im Griff. Danach wird es häufig intransparent. Wenn hier, im Bild gesprochen, die ersten Zahnräder nicht mehr ineinandergreifen, hat dies Auswirkungen auf die komplette Lieferkette.
Das Thema Transparenz spielt aber auch für Tier1- oder Tier2-Lieferanten eine wichtige Rolle. Sie müssen ihrerseits auf ihren Kunden schauen und sich die Frage stellen, wie schnell er seine Produktion wieder hochfahren kann oder will.
Ein weiteres zentrales Element von Recovery Management ist die Digitalisierung.
Sebastian Mank: Richtig. Vieles lässt sich abfangen, wenn man beispielsweise über ein Online-Portal oder ein Tool jederzeit sehen kann: Wie ist es um meine Bestände, aber auch um meine kritischen Lieferanten und/oder deren vorgelagerten Lieferanten bestellt? Bestes Beispiel ist Wuhan: Hätte ein Unternehmen gesehen, dass drei Lieferanten (oder Unterlieferanten) dort Auswirkungen auf ein Produkt oder eine Produktgruppe haben, hätte man schon viel früher reagieren, Alternativen entwickeln oder die Produktion umstellen können. Mit Hilfe dieser Tools erhöht sich die Reaktionsgeschwindigkeit drastisch.
Allerdings erleben wir in diesem Zusammenhang häufig die Erwartungshaltung, ein Tool müsse für alles anwendbar sein. Aus meiner Sicht ist es wichtig, gemeinsam mit dem Kunden individuell zugeschnittene und kombinierbare Lösungen zu finden. Schließlich muss die Lösung zu dessen „DNA“ und Geschäftsmodell, aber auch zu dessen Produkten passen. Stülpt man ein Tool einfach über, das nicht zum Geschäftsmodell passt, besteht die Gefahr, möglicherweise den USP des Unternehmens auszulöschen, der mühsam erarbeitet worden ist.
Wie sollten Unternehmen bei der Umsetzung vorgehen?
Sebastian Mank: Zunächst ist es einmal wichtig, pragmatisch an das Thema heranzugehen. Man sollte versuchen, kurzfristig Lösungen zu finden, die notwendig sind, um die Produktion – je nach Situation – wieder zum Laufen zu bringen. Oder am Laufen zu halten. Dazu werden Kapazitäten benötigt. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass es äußerst schwierig ist, Mitarbeiter aus dem Alltagsgeschäft herauszunehmen, die sich um zusätzliche Aufgaben kümmern sollen. Hier bieten sich externe Dienstleister an. Denn bei der Umsetzung steckt der Teufel häufig im Detail. Wird die Produktion beispielsweise in der jetzigen Situation hochgefahren, dann ist Schichttrennung notwendig. Dies bedeutet, schichtreine Pläne zu erstellen. Ist ein Mitarbeiter erkrankt, kann ein Kollege zwischen den Schichten nicht einfach wechseln, weil die Ansteckungsgefahr groß ist. Das betrifft nicht nur die Produktion, sondern auch die Kantine. Wenn man sich eine Lösung überlegt, müssen alle Aspekte in Betracht gezogen werden. Und das erfordert einen ganzheitlichen Blick.
Letzte Frage: Wer sollte Ihr eBook lesen?
Sebastian Mank: Auf jeden Fall Entscheider in kleinen und mittelständischen Unternehmen, aber auch Entscheider bei den Automobilherstellern und deren Zulieferern, die Lehren aus der Krise ziehen wollen und sich nachhaltige und robuste Lieferketten als Ziel setzen, um bei neuen Krisen oder Unabwägbarkeiten eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit an den Tag legen zu können. Recovery Management wirkt nicht nur im wirtschaftlichen ‚Katastrophenfall‘, sondern auch bei kleineren konjunkturellen Dellen oder beim Ausfall eines einzelnen Lieferanten.
Herr Mank, besten Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Michael Rohn, Verlagsleiter bei LOG_X.
Sebastian Mank führt als Senior Projektleiter bei der Hanselmann & Compagnie GmbH, Stuttgart, sein interdisziplinär aufgestelltes Team vorrangig im industrienahen Entwicklungs- und Produktionsumfeld. Im Vordergrund steht das Recovery- und Krisenmanagement.
- Details
Beschaffung: Die Strategie der kurzen Wege
Das eBook Die Lieferkette schließen erfreut sich wachsender Beliebtheit. Kein Wunder, wird darin doch ein Thema angesprochen, das viele Unternehmen und viele Branchen gleichermaßen berührt. Fast überall kommt die Gestaltung der weltweiten Versorgungsketten auf den Prüfstand.
Nicht nur in der Automobil- oder der Textilindustrie ist in den letzten Jahren ein Wildwuchs entstanden, der so kaum noch Sinn macht. Zum einen sind die Lieferketten in ihrer Länge extrem störanfällig, zum anderen wird die Beschaffung in „Best Cost Countries“ aufgrund der steigenden Transportkosten immer teurer. Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, ab dem sich „Global Sourcing“ nicht mehr rechnet. Oder zu große Risiken birgt.
Vor diesem Hintergrund könnten regionale und zuverlässige (robuste) Versorgungsketten eine Renaissance erleben. So ähnlich argumentiert auch LOG_X-Autor und Herausgeber Dr. Jochen Hanselmann in seinem aktuellen – übrigens sehr lesenswerten – Blog. Wer wissen will, was die Experten zum Thema Sourcing-Strategie zu sagen haben, klicke hier.
- Details
Mitarbeiter in volatilen Zeiten flexibel einsetzen
Fakt ist: Unternehmen bewegen sich auf zunehmend schwankendem Untergrund, in einer volatilen Umgebung. Flexibilität, namentlich die Flexibilität beim Personaleinsatz, ist das Gebot der Stunde. In Zeiten wie der Coronakrise und deren Folgen kann diese Flexibilität zu einer Art Lebensversicherung für Unternehmen werden.
In der Neuerscheinung Volatilität beherrschen beschreiben die beiden Autoren Stefan Gerlach und Moritz Hämmerle flexiblen Personaleinsatz als strategisches Managementkonzept. Und präsentieren auf anschauliche und überzeugende Weise ein Vorgehen, das sich in Unternehmen verschiedenster Branchen und Größen vielfach bewährt hat.
Besonderes Highlight: Direkt aus dem eBook heraus führt ein Link zu weiterführenden Informationen. Auf einer Website zum Thema flexibler Einsatz von Mitarbeitern beschreiben die Autoren die wichtigsten Instrumente, deren Nutzen, Vor- und Nachteile sowie Zusammenspiel.
Herausgeber des kompakten LOGiBit® ist Prof. Wilhelm Bauer.
Dieses eBook erscheint Ende September.
- Details
Supply Chains robust gestalten – nicht nur in Krisenzeiten
Im zweiten eBook der EDITION HANSELMANN Die Lieferkette schließen beschreibt der Autor Sebastian Mank kompetent und praxisnah ein innovatives Konzept namens Supply Chain Recovery Management.
Vor dem Hintergrund krisenhafter Szenarien skizziert er pointiert, welche Rolle das in der Praxis vielfach bewährte Konzept spielt. Das Vorgehen entfaltet vor allem seinen großen Nutzen, wenn vernetzte und tief gegliederte Wertschöpfungsketten wieder hochgefahren werden.
„Und das Konzept wirkt beileibe nicht nur im wirtschaftlichen ‚Katastrophenfall‘“, so der Autor Mank, „sondern auch bei kleineren konjunkturellen Dellen oder beim Ausfall eines einzelnen Lieferanten.“
- Details
Neues Veranstaltungsformat erfolgreich getestet
Pandemie macht kreativ: Und führt zu neuen Eventformaten wie dem Fraunhofer Digitalfestival. Bei der Online-Konferenz am 26. Mai 2020 drehte sich alles um das Thema Geschäftsmodelle in Zeiten der Digitalisierung. Veranstalter waren die KMU-Transferinitiativen Business Innovation Engineering Center (BIEC) sowie das Popup Labor BW des Fraunhofer IAO.
Begrüßt wurden die Teilnehmer durch den Leiter des Fraunhofer IAO Professor Wilhelm Bauer. Unmittelbar danach war Gerhard Spengler, der Geschäftsführer des LOG_X Verlages, am Start. Das Thema seines Vortrages in der Session „Impulse aus der Praxis“ lautete 360 Grad – Digitalisierung im Verlag. „Die digitalen Systeme und Tools haben die Prozesse komplett verändert. Der Haupteffekt heißt Beschleunigung“, so Gerhard Spengler gleich zu Beginn.
Er machte den zahlreichen Besuchern der virtuellen Tagung deutlich, dass sich das „Ökosystem“ von Verlagen radikal verändert hat: Content ist heute im Internet „on Demand“ verfügbar – und zwar digital bzw. multimedial. Die Folge: „Jedes Unternehmen muss sich entsprechend positionieren. Und unsere Geschäftsmodelle müssen sich weiterentwickeln."
Spenglers Fazit: „Wir können der digitalen Welle nicht ausweichen. Wir müssen die Welle reiten und veränderungsfähig bleiben. Das bedeutet auch, dass wir das eigene Geschäftsmodell permanent hinterfragen und ständig anpassen müssen.
- Details
Content aus der Dusche
Agil, innovativ, erfolgreich: Derzeit unterstützen wir eine bekannte Personalberatung mit unserem Know-how bei einem digitalen Projekt – Live Video Calls, auch „Wöchentliche Webdusche“ genannt. Startschuss war im Mai. In einer Art agiler Allianz bündelt ein Expertenteam seine Kompetenzen und wirft einen multiperspektivischen Blick auf das Thema Veränderung in der Krise. Ein paar Stichworte zum Hintergrund:
Das Format: Ein wöchentlich stattfindender Livestream von 20 Minuten Dauer
Das Ziel: Schaffen von Awareness und Aufbau einer Community, um Kunden langfristig zu binden
Die Themen: Entstehen sukzessive, anlass- und bedarfsorientiert im Dialog
Das Expertenteam: Interdisziplinär zusammengesetzt
Unser Beitrag:
- Aufbereitung der einzelnen Themen für eine Landingpage
- Kontextsensitives Verfassen von Social Media Posts, Blogbeiträgen, Mailings und Remindern an Teilnehmer
- Regelmäßiges Bespielen digitaler Kommunikationskanäle und -plattformen
- Verfassen flankierender Praxisartikel
- Projektmanagement: Themensetting, Terminplanung und -überwachung
- Moderation und Coaching des Teams mithilfe diverser Kommunikations- und Kollaborations-Tools
Das Ergebnis: Durchschlagender Erfolg und begeisterte Kunden
- Details
Die Digitale Transformation gestalten
Die Herausforderungen und Konsequenzen der Digitalen Transformation für Wirtschaft und Gesellschaft werden teilweise kontrovers diskutiert. Unstrittig ist, dass die tiefgreifenden Veränderungen mit erhöhten Wissensbedarfen auf allen Ebenen einhergehen. So wird von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) auf die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Wissens- und Kompetenzerwerbs hingewiesen, um die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit am Standort Deutschland nachhaltig zu sichern. Nur damit, so acatech weiter, lassen sich die Chancen der Digitalen Transformation in unternehmerischen Erfolg ummünzen.
Narrative – „Inseln im Informationsstrom“
Die Komplexität der Transformation(en) bringt es mit sich, dass Lernprozesse in hohem Maße selbstgesteuert ablaufen müssen. Das aber setzt unter anderem das Erkennen von Zusammenhängen voraus, die in unserer heutigen, zersplitterten Weiterbildungslandschaft nur schwer erkennbar sind. Didaktisch kann solches Zusammenhangwissen durch so genannte Narrative vermittelt werden. Gemeint sind logisch und inhaltlich überzeugende Darstellungen, die als eine Art „Inseln im Informationsstrom“ dienen und gleichzeitig Lernimpulse für die eigenständige Befassung setzen.
Die LOG_X Verlag GmbH versteht sich bei der medialen Umsetzung solcher Narrative als Pionier und hat mit der eBook-Reihe LOGiBits ein entsprechendes Format entwickelt. Diese eBooks können als eine Art „Digitaler Lernnuggets“ verstanden werden. Neben einem verständlichen inhaltlichen Narrativ bieten die LOGiBits nämlich die Möglichkeit, auf weitere digitale, multimediale oder auch interaktive Lerneinheiten zu verlinken (Videos, Podcasts, Lernspiele u.a.m.).
Gerhard Spengler, Verleger und Speaker zur Digitalen Transformation
Narrative Lerninseln schaffen
Bezogen auf die wesentlichen Akteure der Digitalen Transformation, die Unternehmen, dienen die Narrative als gemeinsame „Absprungbasen“ für die passgenaue und individualisierte Vermittlung von Inhalten. Geteilte Narrative verbinden die unterschiedlichen Lernkulturen und bilden den Ausgangspunkt getrennter und individueller „Learning Journeys“.
Neben seiner mehr als zwanzigjährigen Erfahrung im Wissenstransfer „aus der Forschung in die Praxis“ kann LOG_X auf die kommunikative und didaktische Begleitung großer Veränderungsprojekte in der Industrie verweisen. Auch hier spielen in jüngerer Vergangenheit Narrative oder „Transformation Stories“ eine zunehmend wichtige Rolle – gerade vor dem Hintergrund undeutlicher Entwicklungspfade und inhaltlicher Ambidextrie.
Der Mensch lernt nicht zuletzt durch Anschauung und Nachahmung. Durch Beispiele. Deshalb sind neben konzeptionellen Narrativen vor allem Berichte und Reportagen aus der unternehmerischen Praxis elementarer Bestandteil. Hier lautet das Credo:
Glaubhafte Real Practice statt auf Hochglanz getrimmter Best Practice.
Das Transformations-Narrativ: wirksam, positiv und glaubhaft
In Deutschland haben es Veränderungen traditionell schwer. Das gilt insbesondere dann, wenn ihre Konsequenzen und ihr Verlauf kaum absehbar sind. Wie bei der Digitalen Transformation. In solchen Fällen gewinnen die vermeintlichen „Bewahrer“ oftmals dadurch die Oberhand, dass sie das stärkere, nämlich angstbesetzte, Narrativ verbreiten. Dieser rückwärtsgewandten „Stimmungsmache“ muss ein positives Zukunftssignal in Form eines wirksamen, positiven und glaubhaften Transformations-Narrativs entgegengesetzt werden. Ein solches Gesamtbild entsteht aus der Summe der Einzelbilder bzw. -narrative, die Schritt für Schritt, eBook für eBook, erzählt und vermittelt werden.
Bei LOG_X.
Gerhard Spengler, Verleger
- Details
"Big Data führt zu digitalen Geschäftsmodellen und neuen Dienstleistungen"
Dr. Bernd Bienzeisler ist Mitautor des bei LOG_X in Kürze erscheinenden eBooks Richtung Zukunft. Mit ihm sprach Michael Rohn, Verlagsleiter bei LOG_X.
LOG_X: Herr Dr. Bienzeisler, könnten Sie in ein, zwei Sätzen sagen, was genau Sie unter ‚Kognitiven Dienstleistungssystemen‘ verstehen? Unter dem Begriff verstehe ich datenbasierte Geschäftsmodelle, die durch digitale Verknüpfung von Prozessen unterschiedlicher Anbieter – und zwar in einem Dienstleistungs-Ökosystem – möglich werden. Früher waren diese Prozesse getrennt, durch die Digitalisierung lassen sie sich jetzt jedoch verknüpfen.
LOG_X: Wo spielt aus Ihrer Sicht bei diesem Thema die Musik? Die zentrale Frage lautet: Wo zieht man in einer Zeit, in der – zumindest theoretisch – alles mit allem verknüpfbar ist, die Systemgrenze? Das Denken folgt heute oftmals der Formel „Anything goes“. Klingt gut, ist aber falsch. Denn es muss entschieden werden: Wo setzen wir an? Und wo macht es Sinn, prozessbezogene Daten über Sensorik und IoT-Applikationen verfügbar zu halten?
LOG_X: Das ist also aus Ihrer Sicht eine Art Megatrend? Richtig. Dahinter steht auch die Frage nach der Nutzung von Daten. Ganz konkret: Wie lässt sich aus Daten Mehrwert generieren? Die Verknüpfung physischer und digitaler Infrastrukturen ist ein Megathema. Am Ende steht, wie bereits gesagt, immer die Frage: Wo beginnen wir – und wo hören wir auf? End to End lässt sich vieles vorstellen. Aber die Welt wird dann schnell so komplex, dass einem schwindlig wird.
Die Menge an Daten ist in diesem Zusammenhang dabei nicht das eigentliche Problem. Vielmehr lautet die Frage: Haben wir die richtigen Daten? Liegen sie in unterschiedlichen Formaten vor? Existieren auch Datenlücken? Die Herausforderung lautet, die richtigen Daten für den richtigen Anwendungszweck zur Verfügung zu stellen.
LOG_X: Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie sich dem Thema nähern? Auf alle Fälle darauf, dass ihr Datenmanagement integraler Bestandteil einer Digitalisierungsstrategie ist. Eine Vorgehensweise nach dem Motto „Schnell-mal-was-mit-Daten-machen“ ist nicht wirklich zielführend. Wenn das Management noch mit Papier und Bleistift arbeitet, sollte man nicht gleich mit Predictive Maintenance beginnen. Das Unternehmen muss einen gewissen digitalen Reifegrad aufweisen. Nochmal: Digitalisierung ist ein ganzheitlicher Prozess, der eine Strategie benötigt und der von ganz oben gelebt werden muss.
LOG_X: In Ihrem gemeinsamen Vorwort sprechen Sie von der Relevanz Kognitiver Dienstleistungssysteme. Die Relevanz des Themas kann man nicht hoch genug einschätzen. Zwar stehen wir erst am Anfang der Digitalisierung, aber ich bin davon überzeugt, dass die Digitalisierung für die Ökonomie und die Gesellschaft einen ähnlichen Effekt haben wird wie die Industrialisierung. Die Gesetzmäßigkeiten der Ökonomie, die Spielregeln, auch die Player werden völlig andere sein. Bestes Beispiel: das Auto als „vernetztes Device“. Aus einem Fortbewegungsmittel wird ein mobiles, digitales Device, in dem wir unsere Zeit verbringen. Damit verändert sich die Perspektive komplett: auf Kunden, auf Produkte, auf den Mehrwert.
LOG_X: Wer sollte Ihr Buch lesen? Wir sprechen ganz bewusst nicht nur ein Fachpublikum an, sondern richten uns an alle, die sich dafür interessieren, was um sie herum in Sachen Dienstleistungsentwicklung vor dem Hintergrund der Künstlichen Intelligenz passiert. Unser kompaktes eBook bietet hier ein breites Themenspektrum.
LOG_X: Letzte Frage. Welche Rolle spielt die Forschung in dem digitalen Kosmos? Kurz gesagt: Forschung ist der Kitt, der das Ganze zusammenhält. Möglicherweise wird die Forschung in einer Digitalökonomie auch vom Umfang her eine ganz andere sein als es heute der Fall ist. Wenn nun auch der Dienstleistungssektor durch Künstliche Intelligenz weiter automatisiert und rationalisiert wird, werden immer mehr Mitarbeiter in der Forschung benötigt werden. Der amerikanische Ökonom und Pionier der Dienstleistungsforschung William J. Baumol antwortete auf die Frage, wo denn die Menschen künftig Beschäftigung finden, folgendermaßen: „We have to put them into the innovation system!“ Meint: Forschung wird künftig nicht etwas sein, das nur die Wissenschaft betrifft. Jedes Unternehmen wird Forschung betreiben müssen. Forschung wird, wenn Sie so wollen, in jeden Bereich ‚diffundieren‘.
LOG_X: Herr Dr. Bienzeisler, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch.
Dr. Bernd Bienzeisler leitet seit Juni 2019 das Forschungs- und Innovationszentrum Kognitive Dienstleistungssysteme (KODIS) auf dem Bildungscampus in Heilbronn. Er ist Mitautor des aktuellen eBooks Richtung Zukunft.
- Details